Grußwort unserer Vorsitzenden zum 2. Halbjahr 2024

Mit Eifer hab‘ ich mich der Studien beflissen; / Zwar weiß ich viel, doch möcht‘ ich alles wissen

(J. W. v. Goethe, Faust, Der Tragödie erster Teil)

*

Liebe Goethe-Freundinnen, liebe Goethe-Freunde,

das „Werther“-Thema begleitet uns weiterhin durch unser Jubiläumsjahr: in Form einer Theateraufführung im Lottehof, als Gesprächskonzert zur Musik im „Werther“ und in Form eines besonderen Vortrags des Präsidenten der Weimarer Goethe-Gesellschaft zum „‘Werther‘ als Brandbeschleuniger“. Außerdem möchten wir Ihnen die Ausführungen unseres Mitglieds Dr. Uwe Petry über die Geschichte des Goethe-Institutes, die bei unserer Jubiläumsfeier Anfang 2024 nicht zu Gehör kamen, nun als Lesegenuss empfehlen.

Wie immer freuen wir uns, Sie bei unseren Veranstaltungen zu begrüßen!

Im Namen des Vorstands und des Beirats

Angelika Kunkel, Erste Vorsitzende

Berichte und Reden zum 50. Geburtstag unserer Goethegesellschaft

„… ich habe eine Bekanntschaft gemacht, die mein Herz näher angeht.“ – Die Wetzlarer Goethegesellschaft feiert den Werther — und sich selbst

(Bericht von Ulrike Enke)

In festlichem Rahmen, mit Musik und hochkarätigen Reden zum Geburtstag, beging die Wetzlarer Goethegesellschaft am Sonntag, den 21. Januar, in der Alten Aula der ehemaligen Lotteschule ihren 50. Geburtstag. Anlässe zum Feiern gab es genug: Vor 275 Jahren, 1749, wurde Goethe geboren; sein Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“, der Thema und Sentiment bekanntlich Goethes Aufenthalt in Wetzlar verdankt, kann auf stolze 250 Jahre zurückblicken. 1974 schließlich wurde die Wetzlarer Goethegesellschaft ins Leben gerufen.

In ihrer gleichermaßen launigen wie informativen Ansprache erinnerte die Vorsitzende Angelika Kunkel an die Gründungsgeschichte der Gesellschaft und ließ mithilfe beeindruckender Zahlen die Exkursionen und Tagesausflüge, die Vorträge und Gesprächskreise, welche den Mitgliedern im Laufe des halben Jahrhunderts angeboten wurden, Revue passieren. Dass ein derart reichhaltiges Programm nur mithilfe eines engagierten Vorstands und dessen „besseren Hälften“ zu bewältigen war und ist, blieb nicht unerwähnt. Den Festvortrag „Aus der Erfolgsgeschichte eines Kultbuchs“ hielt gleichermaßen kurzweilig wie tiefgründig die Leiterin des Freien Deutschen Hochstifts und des Frankfurter Romantikmuseums, Frau Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken. In ihrem „Werther“-Vortrag erinnerte sie nicht nur an die Werther-Rezeption, wobei sie auch einen Blick nach China und die dortige Goethe-Verehrung warf, sondern beleuchtete auch die Bedeutung des Herzens, eines Schlüsselbegriffs des Romans und seiner Zeit.

Die Grußworte der Stadt Wetzlar und der „Muttergesellschaft“ in Weimar zeugten von der großen Wertschätzung unserer Gesellschaft. In einem freundschaftlichen Appell rief der Präsident der Goethe-Gesellschaft Weimar, Professor Stefan Matuschek, zudem dazu auf, gerade die den „Werther“ lesenden Deutschkurse stärker in das literarische Leben unserer Goethegesellschaften einzubinden.

Umrahmt wurden die Beiträge von der musikalischen Darbietung einer Rarität: Joachim Eichhorn am Spinett und die Sopranistin Nicole Tamburro präsentierten das von Beiratsmitglied Dieter Lehnhardt wiederentdeckte Lied „Einladung zum Spatziergang des Morgens“ des Kapellmeisters Ernst Christoph Dressler (1734-1779). Der Liedtext nahm die Zuhörenden mit zum Wetzlarer Brühlsbach, auf den Stoppelberg und schließlich an die Lahn. Dieter Lehnhardt gab zudem Einblicke in das bewegte Leben des Musikers und Lieddichters Dressler, der einige Jahre in Wetzlar verbrachte.

Auch kulinarisch blieb man dem 18. Jahrhundert treu: Zu den sich anschließenden Gesprächen wurden neben Sekt und Wein „Goethe-Pastetgen“ und Mandeltarte gereicht.

(22.01.2024)

 

Grußwort und Ansprache von Angelika Kunkel, Vorsitzende der Wetzlarer Goethegesellschaft

 

Liebe Goethe-Freundinnen, liebe Goethe-Freunde,

  • Wieviel Goethe braucht der Mensch?
  • Goethe – wozu und für wen?
  • Ist Goethe noch up to date?
  • Goethe und kein Ende?
  • Warum Goethe heute?

Mit diesen Fragen hat sich die Wetzlarer Goethegesellschaft in den fünf Jahrzehnten ihres Bestehens auseinandergesetzt.

In 309 Vorträgen näherten sich die interessierten Zuhörer nicht nur dem Phänomen des großen Dichters Goethe an, sondern ließen sich auch von der Gedankenwelt der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts bis hin zur Moderne faszinieren.

Alles begann 1974 mit einem Inserat in der WNZ, welches sich an die Bevölkerung Wetzlar wandte.

In der Folgezeit wurden in bis heute 82 Broschüren das jeweilige Halbjahresprogramm angekündigt und verschickt. Die für den Versand erforderlichen Handarbeiten wurden regelmäßig von den dafür auserkorenen Vorstandsmitgliedern und ihren besseren Hälften erledigt.

Viele Einzelschritte waren nötig, um interessante Programme zu gestalten. Verantwortlich hierfür waren: die fünf Vorsitzenden: Herr Dr. Schierenberg, Herr Hedrich, Herr Dr. Wenzel, Herr Scholz und ich und ihre acht Stellvertreter: Herr Werner, Herr Petry, Herr Christ, Herr Kaetzler, Herr LeBlanc, Frau Lehnhardt-Raabe und Herr Meyer-Ellendt.

Sie versuchten in unzähligen Telefonaten und Briefen, Referenten nach Wetzlar einzuladen. Der Erfolg der Programme wurde auch durch das freundschaftliche Miteinander des Vorstandes mit dem diese Vorbereitungen begleitenden Beirat möglich.

Dem Wunsch unserer Mitglieder auch in kleinen überschaubaren Runden über Literatur ins Gespräch zu kommen, wurde an 158 Abenden nachgekommen. Diese Gesprächsabende wurden kenntnisreich moderiert und geführt von besonders klugen Köpfen aus unserer Mitgliedschaft.

Nur durch Reisen können neue Entdeckungen und Ansichten lebendig und rasch verbreitet werden – so Goethe 1822 an Kanzler Müller. Seit den Gründungsjahren ist die Wetzlarer Goethegesellschaft auf Reisen gegangen: entweder auf Spuren Goethes oder zu bekannten literarischen Gedenkstätten.

106 Exkursionen waren es bis heute: geplant und akribisch vorbereitet nicht nur vom Vorstand, sondern von besonders engagierten Mitgliedern. Die Schweiz, Böhmen, die schwäbische Dichterstraße, die Mark Brandenburg, das Elsass und Thüringen waren Ziele mehrtägiger Ausflüge, wobei die Reisen auf Goethes Spuren nach Italien bis hinunter nach Sizilien besondere Erlebnishöhepunkte waren. Die anschließenden Lichtbildervorträge vertieften das Erlebte. Mit voll besetzten Bussen besuchten die Reisenden Weimar und andere ostdeutsche Orte mit Goethebezug, dreimal sogar zu DDR-Zeiten.

49mal feierten wir am 28. August – ungeachtet des Wochentages, auf den er fiel – den Goethe-Geburtstag mit literarisch-musikalischen Darbietungen im Lottehof, in den Museen, in der Musikschule, und in den von Goethe besuchten Orten.

Zu den Programmpunkten gehörten auch literarische Spaziergänge, Theateraufführungen an historischen Stätten, Rezitationsabende und Lesungen mit anschließenden geselligen Gesprächen.

Viele Veranstaltungen konnten wir in Kooperation realisieren. Der gute Draht zum Kulturamt und den städtischen Museen haben vieles erleichtert. Bei dem Bestreben, ein interessantes und unterhaltsames Programm zu bieten, halfen uns: der Kultur Förder-Ring, das Statt-Theater, der Wetzlarer Geschichtsverein, der Kunstverein, die Heimatvereine Garbenheim und Volpertshausen, die Phantastische Bibliothek, die Stadtbibliothek, die Wetzlarer Partnergesellschaften, die deutsch-italienische, die deutsch-französische und die deutsch-englische Gesellschaft und auch die Goetheschule. Diesen allen sage ich auch in Ihrem Namen, liebe Mitglieder, herzlichen Dank für ihr Mitgestalten!

Die Goethegesellschaft Wetzlar zählt zurzeit 168 Mitglieder, wobei wir aber gerne noch wachsen wollen. Unsere Veranstaltungen standen und stehen jedem interessierten Bürger offen. So konnten wir immer wieder durch die vielfältigen und hochkarätigen Angebote neue Mitglieder gewinnen. Und vielleicht können Sie, wenn sich die Gelegenheit ergibt, von unseren Veranstaltungen erzählen und so das Interesse bei anderen für unsere Gesellschaft wecken.

Von einem wichtigen und damals wegweisenden Projekt muss ich noch berichten: unsere Partnerschaft mit der Goethegesellschaft Tambov in Russland. Die Verbindung kam über Pfarrer Küppers zustande, der Anfang der 90er Jahre regelmäßig Hilfslieferungen der evangelischen Kirchengemeinde nach Tambov organisierte. So kam es zu zwei Besuchen des damaligen Vorsitzenden, Herrn Hedrich in Tambov, auf dessen Anregung 1994 die damals erst zweite Goethegesellschaft in Russland von der Professorin Lili Kaufmann von der Fakultät für die deutsche Sprache an der Dershavin Universität Tambov ins Leben gerufen wurde. Einige von Ihnen werden sich sicherlich noch an ihre Vorträge hier in Wetzlar erinnern. Der wesentlich Inhalt der Partnerschaft, die ohne finanzielle Zuwendungen der Goethegesellschaft Wetzlar gelebt hat und bis zu Beginn der Corona-Epidemie funktionierte, bestand darin, Studenten der Universität Tambov die Möglichkeit zu geben, Leben und Werk des „Weltbürgers Goethe“ in offener Begegnung kennen zu lernen. Einige unserer Mitglieder haben mit Spenden und Beherbergung uneigennützig dazu beigetragen. Mit Hilfe des CVJM Kreisverbandes Wetzlar kam es zu Begegnungen junger Menschen im jährlichen Wechsel hier und in Tambov. Und eine kleine Delegation der Goethegesellschaft Wetzlar reiste jedes Jahr, insgesamt 22 Mal auf eigene Kosten nach Tambov, um eine Woche lang Vorträge vor deutsch-sprachigen Studenten zu halten. Zu diesen Delegationen gehörten mehrfach Cornelia Kühn-Leitz und eine Literaturwissenschaftlerin aus Marburg. Die Goethegesellschaft Tambov existiert noch, der Kontakt gestaltet sich, wie Sie sich denken können, schwierig. Die freundschaftlichen Beziehungen bestehen weiterhin. Diese einzigartige Partnerschaft wird von der Muttergesellschaft in Weimar hoch angesehen und unterstützt.

Mit den genannten Zahlen habe ich versucht, die fünfzig Jahre der Goethegesellschaft Wetzlar zu umreißen.

Dazu passt eine Bemerkung Goethes an seinen Diener Riemer:

„Die Zahlen sind, wie unsere armen Worte, nur Versuche, die Erscheinungen zu erfassen und auszudrücken, ewig unzureichende Annäherungen.“

Angelika Kunkel

 

Grußwort von Prof. Stefan Matuschek, Präsident der Goethe-Gesellschaft Weimar

 

Liebe Goethe-Gesellschaft in Wetzlar,

wenn Sie heute Ihr 50jähriges Bestehen feiern, dann sieht man gleich, wie literaturgeschichtlich einschlägig Sie Ihr Gründungsjahr gewählt haben. Es war das 200. Werther-Jubiläum. Jetzt sind wir ein halbes Jahrhundert weiter, und ich liege wohl nicht falsch mit der Annahme, dass Sie, wenn Sie sich in diesem Jahr feiern, auch des Romans gedenken werden, der inspirationsgeschichtlich mit Ihrer Stadt verbunden ist. Das erste deutschsprachige literarische Werk, das über die Sprachgrenzen hinaus Erfolg hatte, wurde durch eine Personenkonstellation in Ihrer Stadt angeregt. Die internationale Wahrnehmung der deutschsprachigen Literatur beginnt mit einer Wetzlarer Geschichte. Ihr Stadtmuseum, habe ich gelesen, plant eine Ausstellung dazu, und die Goethe-Gesellschaft am Ort beweist, dass diese literarische Erinnerung nicht nur in den öffentlichen Bildungsinstitutionen am Leben erhalten wird, sondern im privaten, persönlichen Engagement von Literaturliebhaberinnen und -liebhabern tatsächlich lebt. Deshalb haben Sie einen guten Grund, sich mit dem Roman auch selbst zu feiern. Denn auch der Roman lebt nur in der Weise fort, wie er gelesen und besprochen wird. Die Goethe-Gesellschaft ist der wichtigste Ort, an dem dies außerhalb der staatlichen Bildungseinrichtungen geschieht.

Es wird in diesem Jahr viel ‚gewerthert‘ werden; nicht nur in Wetzlar, Frankfurt und Weimar. Es wäre das Beste, wenn diese Unternehmungen der Goethe-Gedenkstätten und Goethe-Gesellschaften mit denen zusammenkämen, die schon sehr lange und kontinuierlich ‚werthern‘: mit den Schulen. Wir werden das in Weimar versuchen, indem wir im Jahresprogramm der Goethe-Gesellschaft Vorträge speziell für Deutschkurse anbieten. Ich bin gespannt, ob wir damit Erfolg haben. Wenn ja, wird das zu einer geradezu schockartigen Verjüngung unseres Publikums führen. Vielleicht machen Sie das in Wetzlar schon längst so, dann bin ich auf Ihre Erfahrungen neugierig. Wenn nicht, kann ich es Ihnen empfehlen. Das Werther-Jahr bietet ja einen guten Anlass dazu. Wenn man seinen Fünfzigsten feiert, lädt man ja gern mehr ein als sonst. Ich wünsche Ihnen zu Ihrem Jubiläum ein volles Haus mit vielen seltenen, neuen Gästen – und natürlich auch mit denen, deren kontinuierlicher Einsatz das alles möglich macht. Ihnen gilt meine besondere Gratulation!

Herzlich

Ihr Stefan Matuschek

*

 

Ein Brief unseres Mitglieds Dr. Uwe Petry

Liebe Frau Kunkel, meine sehr verehrten Damen und Herren,

ein großer Frankfurter Dichter und Begründer der Neuen Frankfurter Schule, Robert Gernhardt, schlüpfte in den 1970er Jahren in die Rolle des Apostels Paulus. Heraus kam eine Reihe von prägnant zugespitzten Kurzgedichten im Stil der Sponti-Sprüche der 68er Bewegung. Zu einem dieser Sprüche will ich mich in meiner Verlegenheit hier und jetzt flüchten. Er lautet: „Paulus schrieb den Irokesen: Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.“ Ob Robert Gernhardt den Irokesen tatsächlich Bildungsferne andichten wollte, möchte ich bezweifeln. Wichtiger scheint mir für die Auslegung des Gedichts, dass es selbst für den Apostel Momente gab, in denen er nichts zu schreiben, respektive zu sagen wusste. Und so geht es mir heute. Ich muss es leider rundheraus zugeben: Vom Goethe-Institut kommt für die heutige Veranstaltung kein Grußwort. Lassen Sie mich bitte mit ein paar Sätzen um Verständnis für diese Verweigerung werben.

Es ist nur wenig bekannt, dass das Goethe-Institut zu seinem Namen kam wie die berühmte Jungfrau zum Kind. Im Vorfeld des Goethe-Jubiläumsjahres 1932 plante die in München ansässige Deutsche Akademie, eine von Geistesgrößen wie Thomas Mann gegründete Einrichtung zur Förderung deutscher Nationalkultur, ein Institut zur Ausbildung ausländischer Deutschlehrer ins Leben zu rufen. Die Finanzen waren jedoch knapp. Deshalb wandte man sich an die Goethe-Gesellschaft, die dabei war, Spenden für das besagte Goethe-Jubiläum einzusammeln. Man sicherte zu, dass gegen Beteiligung an dem Spendenaufkommen das neue Institut den Namen Goethe-Institut tragen werde. Dies sei dann für beide Seiten, wie man heute sagen würde, eine „win-win-Situation“. Ob damals Spenden nach München flossen, lässt sich der Aktenlage nicht mit Sicherheit entnehmen. Der Taufname der Einrichtung war damit jedoch gefunden und wurde im Jahr 1951, bei der politischen Neugründung des Goethe-Instituts, einfach beibehalten.

Das heutige Goethe-Institut stellt man sich am besten am Beispiel des berühmten Tischbein-Porträts „Goethe in der römischen Campagna“ vor. Der große Hut repräsentiert Goethe als Schirmherrn der Institution. Er findet seine Entsprechung im sorgfältig gepflegten Markenauftritt des Goethe-Instituts mit Logo, österlich-grüner Signalfarbe und allem, was sonst noch zur Darstellung der „corporate identity“ dazugehört.

Unter diesem großen Hut wirft sich allerdings nicht der Namenspatron in Pose. Diese Position wird vielmehr vom Generalsekretär des Goethe-Instituts eingenommen. Anstelle des Dichters findet man also einen Kulturmanager. Was ihn mit Goethes Erbe verbindet, wird er sicherlich im privaten Gespräch gerne offenlegen. In offizieller Funktion reduziert sich seine Goethe-Affinität aber zwangsläufig auf folgende, mantra-artig vorzutragenden Verse: „Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles. Ach, wir Armen!“. Dabei hofft er, dass die mit diesem Anklang an Goethes Faust angesprochenen politisch Verantwortlichen reflexartig das Reimwort „Erbarmen“ assoziieren und entsprechend handeln.

Vielleicht konnte ich Ihnen damit nahebringen, dass zwischen der Sphäre eines auf allen fünf Kontinenten Verantwortung tragenden Kulturmanagements und dem ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagement, für das die Wetzlarer Goethe-Gesellschaft seit 50 Jahren in herausragender Weise einsteht, Welten liegen. Trotzdem bleiben die Kultur und die Pflege des kulturellen Erbes gemeinsame Bezugspunkte, an denen zu arbeiten sich unbedingt lohnt, egal aus welcher Perspektive.

Ich wünsche dem Vorstand, den Mitgliedern und dem Publikum der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft, dass Sie auch weiterhin die Fackel der Kultur und Literatur in dieser Stadt hochhalten. Es braucht daraus nicht gleich ein weltweites Lauffeuer zu entstehen, wie es der Werther-Roman erzeugt hat.

Dr. Uwe Petry

Ankündigungen zum Werther-Jahr 2024

ab Juli 2024:

„Faust“ – Goethes Traum wird Wirklichkeit

Wetzlarer Festspiele auf Kloster Altenberg

 

  1. August 2024:

Stationen-Theater rund um den „Werther“ – Deutschordenshof

Wetzlarer Goethe-Gesellschaft / StattTheater Wetzlar

 

ab September 2024:

„Die internationale Werther-Rezeption“ – Stadt- und Industriemuseum

Städtische Sammlungen Wetzlar

Grußwort zum neuen Jahr 2024

Liebe Goethe-Freundinnen, liebe Goethe-Freunde,

mit der ersten Strophe aus Goethes Gedicht „Zum neuen Jahr“ möchte ich Sie zu unserem Jubiläumsjahr 2024 herzlich begrüßen!

Zwischen dem Alten,
Zwischen dem Neuen
Hier uns zu freuen,
Schenkt uns das Glück,
Und das Vergangne
Heißt mit Vertrauen
Vorwärts zu schauen,
Schauen zurück.

(Johann Wolfgang von Goethe: Zum neuen Jahr 1802, aus: Gedichte, Ausgabe letzter Hand)

Passend zum Erscheinen von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ vor 250 Jahren präsentieren wir Ihnen in diesem ersten Halbjahr ein Programm, das sich dem „Werther“ aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln nähert. Nachdem uns Johannes Saltzwedel ins Entstehungsjahr des „Werthers“ mitnimmt und ein Kaleidoskop des Jahres 1774 ausbreitet, spüren Bertold Heizmann und Bernd Kemter der Rezeptionsgeschichte dieses Werkes nach. Barbara Steingießer blättert mit uns im Weimarer „Journal des Luxus und der Moden“, und im Juni reisen wir für einen Tag per Bus nach Darmstadt.

Wir freuen uns über Ihre rege Teilnahme bei all unseren Veranstaltungen!

Mit den besten Wünschen für das neue Jahr

im Namen des Vorstands und des Beirats

Angelika Kunkel, Erste Vorsitzende

Nachruf für Dr. Manfred Wenzel (1954-2019)

Nachruf für Dr. Manfred Wenzel (1954–2019)


Manfred Wenzel bei der Jahrestagung der Goethe-Gesellschaften 2008
beim Vortrag an der Gießener Badenburg.

Die Wetzlarer Goethe-Gesellschaft trauert um ihren langjährigen Vorsitzenden Dr. Manfred Wenzel, der am 14. Juni 2019 im Alter von 64 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben ist.

Manfred Wenzel war von 1996 bis 2012 Vorsitzender der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft. Mit Stolz kann unsere Wetzlarer Gesellschaft darauf verweisen, dass sie mit ihm einen weltweit anerkannten Goetheforscher zu ihren Mitgliedern zählen konnte: Herr Wenzel gilt als der beste Kenner der Goetheschen Naturwissenschaften, ihres historischen Umfelds und ihres biographischen Hintergrunds. Vielfach gewürdigt und ausgezeichnet, wurde Herrn Wenzel 2012 vom Wetzlarer Bürgermeister Manfred Wagner der Ehrenbrief des Landes Hessen überreicht; bei der Hauptversammlung der Goethe-Gesellschaft in Weimar wurde ihm – „dem kundigen Philologen und engagierten Vermittler insbesondere von Goethes naturwissenschaftlichem Werk“ – 2015 die Würde eines Ehrenmitglieds verliehen; im Jahr darauf folgte mit der Verleihung der Johann-Heinrich-Merck-Medaille eine weitere ehrenvolle Auszeichnung. Auch in dieser Laudatio wurden insbesondere seine Verdienste um Goethes naturwissenschaftliche Schriften herausgehoben.

Und tatsächlich zieht sich die Beschäftigung mit Goethe und seinem naturwissenschaftlichen Werk wie ein roter Faden durch dieses Wissenschaftlerleben, das bereits durch das Studium der Literaturwissenschaften und der Biologie so vielseitig philologisch-naturwissenschaftlich ausgerichtet war. Beginnend mit seiner 1983 erschienenen Dissertation über Goethe und Darwin (Goethes morphologische Schriften in ihrem naturwissenschaftshistorischen Kontext) hat Manfred Wenzel Goethe bis in die Tiefen seiner Farbenlehre und seinem auf dem Papier ausgetragenen Disput mit Newton begleitet, er hat beschrieben, wie Goethe den Zwischenkieferknochen auch in einem aus Kassel ausgeliehenen Elefantenschädel suchte, er hat uns Goethes Jenaer Anatomielehrer Justus Christian Loder in Erinnerung gerufen, uns Lehrgedichte wie Die Metamorphose der Pflanze nahe gebracht, und ihm verdanken wir auch die Begegnung mit dem Wetterkundler und „Wolkenerfinder“ Luke Howard, dem Goethe die schönen Zeilen „Drum danket mein beflügelt Lied / Dem Manne, der Wolken unterschied“ widmete. Diese Themenvielfalt brachte uns Herr Wenzel nicht nur in seinen gelehrten Abhandlungen, sondern auch in allgemein verständlichen, oft humorvollen Vorträgen näher, die von den Wetzlarer Goethefreunden gerne und gut besucht wurden und ihn auch zum häufig eingeladenen Redner bei anderen Goethe-Gesellschaften machte.

Sein wissenschaftliches Werk umgreift fast 200 Aufsätze, Lexikonartikel und Bücher, von denen hier nur einige wenige genannt werden können. Zu ihnen gehören die in den 1990er Jahren erschienenen Editionsausgaben für die Soemmerring-Forschungen mit den wichtigen Bänden über Goethes Briefwechsel mit Soemmerring, Soemmerrings naturwissenschaftliche Schriften und schließlich auch der die Goethezeit aus medizinhistorischer Perspektive beleuchtende Sammelband Soemmerring in Kassel. Herr Wenzel war Mitherausgeber der Frankfurter Goethe-Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlages (1989/91), er war Mitarbeiter, Autor und Herausgeber in den Projekten Goethe-Handbuch des Metzler-Verlages (1997/98), der Jubiläumsausgabe des Insel-Verlages (1998), Die Entstehung von Goethes Werken in Dokumenten der Mommsen Foundation for the Advancement of Goethe Research (seit 2003) und schließlich der verantwortliche Herausgeber des Goethe-Handbuchs: Supplemente: Naturwissenschaften aus dem Jahr 2012. Zudem war er Mitherausgeber der historisch-kritischen Marburger Büchner-Ausgabe, deren Band Naturwissenschaftliche Schriften 2008 erschien. Aber neben diesen herausragenden Werken fand er auch die Zeit, sich mit scheinbar Abgelegenem zu beschäftigen, und das in der ihm eigenen sorgfältigen, philologisch geschulten akribischen Art. Die Verbundenheit mit seinem Geburtsort Oldenburg spiegelt sich in der kommentierten Ausgabe des Briefwechsels zwischen Goethe und dem oldenburgischen Ministerpräsidenten Dietrich Christian von Buttel. – Goethe und die Goethezeit begleiteten sein Leben; einen Kontrapunkt setzte eine fast unbekannte Seite: seine Liebe zur Undergroundliteratur und anderen Ausformungen der amerikanischen Subkultur.

Die Verfasserin war Herrn Wenzel nicht nur über die Arbeit im erweiterten Vorstand der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft eng verbunden. Ihre erste Begegnung mit ihrem zukünftigen Berufsfeld, der Medizingeschichte, hat sie Herrn Wenzel zu verdanken. Als seine wissenschaftliche Hilfskraft unterstützte sie ihn zunächst bei den Stellenkommentaren der Soemmerring-Edition und lernte dabei von ihrem „Chef“, dass auch die umfangreichsten Werke mit gründlicher Lektüre der Originaltexte und sorgfältiger historischer Recherche beginnen. Herrn Wenzels baldige Ermutigung selbst zu forschen und zu publizieren führte zu einer Anstellung bei der Mainzer Akademie und damit zur Kollegenschaft und bis in die Gegenwart zu zahlreichen schönen gemeinsamen Projekten im Umfeld Goethes.

Am 14. Juni 2019 ist Manfred Wenzel im 65. Lebensjahr nach schwerer Krankheit und doch für alle überraschend in seinem Gießener Haus gestorben. Die Urnenbeisetzung fand am 26. Juni in Gießen statt. Die Zeremonie, an der neben der Familie und den langjährigen Weggefährtinnen und Weggefährten der Soemmerring-Forschungsgruppe auch eine Delegation und Freunde der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft teilnahmen, entsprach Manfred Wenzels zurückhaltender Art, in der er auch sein Alltagsleben gestaltete.

Denjenigen, die ihm nahestanden, blieb er zeitlebens eng verbunden. Mit ihnen – mit uns – lebte er die Goethe-Worte, die in den Gesprächen mit Johann Peter Eckermann überliefert sind:

„Im Grunde aber sind wir alle kollektive Wesen, wir mögen uns stellen, wie wir wollen. […] Wir müssen alle empfangen und lernen, sowohl von denen, die vor uns waren, als von denen, die mit uns sind. Selbst das größte Genie würde nicht weit kommen, wenn es alles seinem eigenen Inneren verdanken wollte. Es ist im Grunde auch alles Torheit, ob einer etwas aus sich habe, oder ob er es von anderen habe; ob einer durch sich wirke, oder ob er durch andere wirke; die Hauptsache ist, daß man ein großes Wollen habe und Geschick und Beharrlichkeit besitze, es auszuführen; alles übrige ist gleichgültig.“

Ulrike Enke im Juli 2019

 

Nachruf auf Werner Keller von Manfred Wenzel

Nachruf für Werner Keller

am 26.03.2018 in der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Goethe-Freunde,

Die Wetzlarer Goethe-Gesellschaft trauert um Werner Keller.

Professor Dr. phil. Dr. h.c. Werner Keller, von Dezember 1990 bis Mai 1999 Präsident der Goethe-Gesellschaft in Weimar, anschließend deren Ehrenpräsident, seit 2000 Träger des Bundesverdienstkreuzes, seit 2010 Inhaber der Goldenen Goethe-Medaille der Goethe-Gesellschaft in Weimar, Ehrenbürger der westgeorgischen Stadt Kutaissi als Anerkennung für die seit 1997 geleistete Finanzierung eines Kinder- und Altenheimes.

Geboren wurde Werner Keller am 16. Januar 1930 ín Calmbach, einem heute zu Bad Wildbad gehörenden Ort im nördlichen Schwarzwald. Er studierte in Tübingen Germanistik, Geschichte und Philosophie und legte 1960, im Druck 1964, seine Dissertation zum Thema „Das Pathos in Schillers Jugendlyrik“ vor. 1961 erhielt er eine Assistentenstelle an der Universität Köln. Das dortige Institut für deutsche Sprache und Literatur wurde seine berufliche Heimat. 1969, im Druck 1972, erschien seine Habilitationsschrift zum Thema „Goethes dichterische Bildlichkeit“, von 1975 bis zu seiner Emeritierung 1995 war er als Professor und Direktor am genannten Kölner Institut tätig. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Tätigkeit waren die Geschichte der Lyrik, Hölderlin, Dramentheorie, vor allem aber die Weimarer Klassik, Goethes Lyrik und Goethes ‚Faust‘.

Werner Kellers Verdienste als herausragender Gelehrter und Goetheforscher sind indes nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist der zur Unterstützung Bedürftiger rastlos tätige Mensch, der Goethes Ethos der tätigen Hilfe zum Leitprinzip seines Lebens machte. Bereits kurz nach dem Antritt seiner Kölner Professur sorgte Werner Keller gemeinsam mit Heinrich Böll dafür, dass der ausgebürgerte russische Autor Lew Kopelew 1981 die Ehrendoktorwürde der Universität Köln erhielt und in Köln eine neue Heimat finden konnte.

Ab 1993 stellte Keller Geld für Goethe-Stipendien zur Verfügung, die vor allem ost- und südosteuropäischen Studenten und Doktoranden dreimonatige Aufenthalte in Weimar ermöglichten. Seit 2010 sind diese als Werner-Keller-Stipendien benannt. Die aktuellen Stipendiaten sind jeweils auf der Internetseite der Goethe-Gesellschaft in Weimar aufgelistet.

Mit seiner Unterstützung gelang die Gründung zahlreicher ausländischer Goethe-Gesell-schaften, darunter der im russischen Tambow, zu der unsere Goethe-Gesellschaft seit 1994 eine Partnerschaft unterhält, die bis heute besteht und im nächsten Monat anlässlich des 100. Geburtstages von Lili Kaufmann, der langjährigen Vorsitzenden, wieder persönliche Begeg-nungen ermöglicht.

Das von umfassender Hilfsbereitschaft, Pflichterfüllung und Dankbarkeit geprägte Wesen Werner Kellers wäre ohne die Kenntnis seiner Kindheit und Jugend nicht zu verstehen. Im Alter von 5 Jahren verlor er seinen Vater, die Mutter blieb mit 10 Kindern zurück.

In der Einleitung zu einem Band seiner gesammelten Aufsätze, der 2009 in der Reihe der Schriften der Goethe-Gesellschaft erschien, hat Keller über seine Familienmitglieder geschrieben: „Sie haben mich, wir haben einander dazu erzogen, daß das Personalpronomen ‚ich‘ nur gebrauchen sollte, wer den Anspruch des ‚wir‘ mitbedacht hat. Nach dem frühen Tod des Vaters (1935) und der Einschränkung durch mancherlei Not erlegte ich mir […] eine bewußte Selbstbegrenzung auf, um Menschen in unverschuldeter Bedrängnis zu helfen. Durch Vorträge und Bittgänge gelang es in den letzten zwei Jahrzehnten, ausländische Goethe-Gesellschaften zu gründen und zu fördern und mehr als zweihundert Stipendiaten nach Deutschland einzuladen.“ Bei all diesen Bemühungen hat Keller stets nach Goethes Wort gelebt: „Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.“ (Maximen und Reflexionen 443)

In persönlichen Gesprächen hat mir Werner Keller oft über seine Kindheit und Jugend berichtet. Danach war es mehr als „mancherlei Not“ – wie er aus großer zeitlicher Distanz schrieb –, oft waren es Verzweiflung und Zukunftsangst, die in der Familie herrschten. Keller war gezwungen, sich früh durch die Übernahme kleiner Tätigkeiten am Unterhalt der Familie zu beteiligen. Bevor er das erste Geld, das er verdiente, bei der Mutter ablieferte, gönnte er sich – bescheiden – selbst etwas davon: Er erwarb ein Reclam-Heft – ein Omen, welche Rolle die Literatur in seinem Leben spielen sollte?

Am 23. Februar 2018 ist Werner Keller nach langer Krankheit, wenige Woche nach seinem 88. Geburtstag, in seiner Kölner Wohnung gestorben. Die Urnenbeisetzung fand am 16. März in seinem Heimatort Calmbach statt. Die gleichermaßen schlichte wie würdige Zeremonie, an der ich teilnehmen durfte, bei der eine Harfe die übliche Orgel ersetzte, entsprach Werner Kellers bescheidener Art und seiner Vorliebe für leise Töne.

Mein Nachruf wäre unvollständig ohne die Erwähnung von Frau Dr. Mechthild Keller, die sich über Jahrzehnte an der Seite ihres Mannes für die gemeinsamen Ziele aufopferungsvoll eingesetzt hat.

Unsere Wetzlarer Goethe-Gesellschaft durfte sich Werner Kellers Zuwendung in besonderer Weise erfreuen. Mit meinem Vorgänger Friedrich Wilhelm Hedrich verband ihn eine enge Freundschaft. Als dieser ihm telefonisch seine Krebserkrankung mitteilte, an der Hedrich im Februar 1995 verstarb, weinten beide gemeinsam. Als ich 1996 den Vorsitz übernahm, wurde Werner Keller mir bald zu einem väterlichen Freund und Mentor. Nachdem er den Besuch der Jahrestagungen der deutschen Ortsvereinigungen aus Altersgründen bereits seit einigen Jahren aufgegeben hatte, machte er noch einmal eine Ausnahme und besuchte mit seiner Frau unsere Jahrestagung in Wetzlar in den ersten Maitagen des Jahres 2008, was wir als eine besondere Ehre empfunden haben.

Lassen wir Werner Keller abschließend noch einmal selbst zu Wort kommen. In einem Grußwort zu unserem 25jährigen Jubiläum im Jahr 1999 sagte er: „Zweimal fuhr ich mit der Bundesbahn ins Lahntal, zweimal versetzte ich mich in die Wertherzeit, zweimal sagte ich mir aus Werthers Briefen vor, was das Gedächtnis bereit hielt. ‚Ich weiß nicht, ob täuschende Geister um diese Gegend schweben, oder ob die warme, himmlische Phantasie in meinem Herzen [es] ist, die mir alles rings umher so paradiesisch macht.‘ Beide Male stieg ich – erwartungsfroh – zu früh aus.“

Mechthild Keller hat in der Nachricht vom Tode ihres Mannes folgende Worte gefunden: „Dankbar bis zuletzt, vollendete er seinen Weg. … Was ihm Leitspruch und Ermutigung war, sei sein Zuruf an uns: ‚Wie es auch sei, das Leben, es ist gut.‘“

Manfred Wenzel

 

Hohe Auszeichnung für Herrn Dr. Manfred Wenzel

„WIR SIND DOCH NUR INSOFERN ETWAS / ALS WIR WAS FÜR ANDERE SIND.“

(Johann Heinrich Merck 1741–1791)

Am 18. Mai 2016 wurde unserem langjährigen Mitglied und ehemaligem Vorsitzenden der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft durch die Goethe-Gesellschaft Darmstadt die Johann-Heinrich-Merck-Medaille für sein der Erforschung und Präsentation von Goethes Naturwissenschaft gewidmetes Lebenswerk verliehen.

In der Begründung heißt es:

„Herr Dr. Wenzel hat durch seine Kommissionsarbeit für wissenschaftliche Editionen, durch seine Tätigkeit als Herausgeber Goethescher Werke und durch die Mitarbeit bei der in Entwicklung begriffenen Propyläen-Plattform zu Goethes Biographica für alle Teile Goethescher Naturwissenschaft die Tradierung, Zugänglichkeit und das Verständnis umfassend gefördert.

Dr. Wenzel repräsentiert an der Schwelle des digitalen Zeitalters die Tradition großer deutscher Gelehrter.

Beginnend mit seiner Dissertation über Goethe und Darwin hat Dr. Wenzel die ganze Mannigfaltigkeit Goethescher Naturforschung erschlossen und in Artikeln dargestellt. Von seinen editorischen Leistungen sind ganz besonders hervorzuheben die Mitarbeit am Metzlerschen Goethe-Handbuch, Bde. 3 und 4, einschließlich der Herausgabe der Supplemente, Bd. 2, Naturwissenschaften; ferner seine Herausgabe und kritische Kommentierung der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes in der Frankfurter Ausgabe, FA I, 23–25; seine zahlreichen Artikel in dem umfassenden Werk Die Entstehung von Goethes Werken in Dokumenten, herausgegeben von Momme und Katharina Mommsen, Bde. 4–7. Diese Arbeiten wurden ergänzt vor allem durch Wenzels Forschungen im wissenschaftlichen Umfeld Goethes, insbesondere durch seine Edition und Darstellung des Werkes von Samuel Thomas Soemmerring und durch seine Mitarbeit in der Enzyklopädie Medizingeschichte.

Aufgrund dieser Arbeiten kann heute Dr. Manfred Wenzel als der beste Kenner von Goethes Naturwissenschaft, ihres biographischen Hintergrundes, ihres historischen Umfeldes und ihrer Rezeptionsgeschichte gelten.“

Unterzeichner sind Professor Dr. Gernot Böhme als 1. Vorsitzender und Dr. Ute Promies als   2. Vorsitzende.

Wir gratulieren Herrn Dr. Wenzel für diese Auszeichnung sehr  herzlich. Nach Herrn Dr. Kurt-August Schierenberg, der diese Medaille im Jahr 1979 erhielt, ist Herr Dr. Wenzel der zweite Preisträger aus dem Kreis der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft.