Die Wetzlarer waren sich der Bedeutung des sommerlichen Goethe-Aufenthaltes in ihren Mauern vom Mai bis September 1772 schon sehr früh bewußt: Bereits 1863 – noch vor den Einrichtungen in Weimar – war das Lottehaus zur musealen Goethestätte geworden, zunächst allerdings nur mit einem Lottezimmer, und der Wetzlarer Goetheforscher Heinrich Gloël hob am 25. Mai 1914, wenige Monate vor Ausbruch des 1. Weltkrieges, den „Goetheverein im Lottehaus zu Wetzlar“ aus der Taufe, der gemeinhin „Goethe-Lotte-Verein“ genannt wurde. Dieser Verein war auch Träger der Jubiläumsfeierlichkeiten zur 150jährigen Wiederkehr von Goethes Aufenthalt in Wetzlar im Jahre 1922. Mit der jetzt vorgenommen Eintragung des Vereines im Vereinsregister und dem großartigen Engagement nicht nur von Wetzlarer Bürgern, sondern weiteren Persönlichkeiten wie Ricarda Huch oder des Goethe-Biographen Houston Stewart Chamberlain konnte auch die Umwidmung des gesamten Lottehauses in ein Museum bewerkstelligt werden. Bereits 1922 hatte der Goethe-Lotte-Verein 188 Mitglieder und aufgrund zahlreicher Spendensammlungen ein Vermögen von rund 120.000 Mark. Auch wenn in den Folgejahren durch Inflation und Gleichschaltung im Rahmen der NS-Herrschaft sowie dem Tod von Gloël im Januar 1940 sich die Aktivitäten dieser Vereinigung zwangsläufig immer weiter reduzierten, so war doch ein wesentlicher Anfang für eine dauerhafte Gedächtnisstätte gesetzt. Zur Vorbereitung der Goethefeier im Jahre 1949 zu Goethes 200. Geburtstag wurde zwar eine Goethe-Vereinigung Wetzlar ins Leben gerufen, die sich sogar als „ständiges Generalsekretariat der Europäischen Gespräche“ im Sinne eines weltoffenen Deutschlands in der Nachkriegszeit verstand, doch selbst der konkrete Aufruf eines vorbereitenden Ausschusses zur Gründung einer „Goethe-Gesellschaft in Wetzlar“ aus dem Mai 1949 führte letzten Endes nicht zum Erfolg. Die alltäglichen Probleme des Wiederaufbaues überlagerten offensichtlich die Bereitschaft, sich bereits jetzt wieder zu einer förmlichen Vereinigung zusammenzufügen.
Erst im Jahr 1973 gelang es, mit externer Hilfe in Wetzlar eine Goethe-Gesellschaft zu gründen. Nach einer Vorbesprechung am 24. September 1973 im Hause von Dr. Elsie Kühn-Leitz, im Haus Friedwart, an der die Vorsitzenden der Darmstädter Goethe-Gesellschaft, Prof. Dr. Peter Berglar und Dr. Fritz Ebner, sowie Prof. Dr. Siegfried Rösch teilnahmen, traf sich die Gründungsversammlung am 4. Dezember 1973 bei Frau Dr. Hanni Pfeiffer, der damaligen Leiterin des Lotte-Museums, im Haus Dilichstraße 5 in Wetzlar. Außer der Gastgeberin und den vier bereits zur Vorbesprechung Erschienenen waren anwesend: Ursula Dette, Dr. Kurt Hinze, Gertrud König, Dr. Kurt August Schierenberg, Helga Schubert sowie – später hinzugezogen – Rechtsanwalt Dr. Harald Gerhardt. Zum Vorsitzenden wurde Dr. Schierenberg (im Amt bis 1984), zur stellvertretenden Vorsitzenden Frau Schubert (bis 1975) und zur Schatzmeisterin Frau König (bis 1975) gewählt. Am 31. Januar 1974 wurde die Wetzlarer Goethe-Gesellschaft vom Amtsgericht ins Vereinsregister eingetragen und ihre Gründung somit amtlich bestätigt.
Das Amt des Vorsitzenden übernahm 1984, aus Anlaß des 80. Geburtstags von Dr. Schierenberg, der zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde, Friedrich Wilhelm Hedrich, der es bis zu seinem Tod am 9. Februar 1995 ausübte. Am 29. Januar 1996 wurde Dr. Manfred Wenzel sein Nachfolger, der seitdem den Vorsitz innehat.
Den stellvertretenden Vorsitz übernahmen nach Frau Schubert Kurt Werner (1975-1980), der bis Juli 1994 die Gesprächskreise leitete, Friedrich Wilhelm Hedrich (1980-1984), Gerhard Christ (1984-1992), Friedrich Petry (1992-2004), wiederum Gerhard Christ (2004-2006) und Peter Kaetzler (seit 2006). Nachfolger von Frau König als Schatzmeisterin wurden Dr. Hans Bachmann (1975-1978) und Frau Angelika Kunkel (seit 1978).
Ein besonderes Ereignis in der Geschichte der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft war die Gründung der Goethe-Werther-Bücherei im Jahr 1981. Am 8. Dezember dieses Jahres wurde die Einrichtung, aufbauend auf dem Nachlaß von Heinrich Gloël und auf den Weg gebracht durch maßgebliche Bücherspenden von Prof. Rösch und Frau Dr. Kühn-Leitz, in Anwesenheit des damaligen Präsidenten der Goethe-Gesellschaft, Prof. Karl-Heinz Hahn, im Jerusalemhaus am Schillerplatz feierlich eröffnet. Viele ehrenamtliche Helfer haben sich um diese Bibliothek verdient gemacht, heute wird sie von Horst Rohmer betreut.
Seit 1995 besteht eine Partnerschaft zwischen den Goethe-Gesellschaften in Wetzlar und Tambow/ Rußland. Die Gründung einer Goethe-Gesellschaft in Tambow im Jahr 1995 unter Frau Prof. Lili Kaufmann, die letzten Endes ihre Wurzeln in der 1990 ins Leben gerufenen Wetzlarer Rußland-Hilfe hat, ist das Vermächtnis von Friedrich Wilhelm Hedrich, der 1994 zweimal Tambow besuchte und sich noch kurz vor seinem Tod vehement dafür einsetzte. Inzwischen ist ein beständiger kultureller Austausch zustande gekommen, der vor allem den uns besuchenden jungen Menschen aus Tambow helfen soll, das umfassende Werk des „Weltbürgers“ Goethe in gegenseitigem Austausch und offener Begegnung kennenzulernen, wozu eine Reihe unserer Mitglieder uneigennützig beiträgt.