Jahrestagung 2008

Jahrestagung der Ortsvereinigungen vom 1. bis 4. Mai 2008 in Wetzlar

Wetzlar um 1790

Vom 1. bis 4. Mai 2008 fand in Wetzlar die Jahrestagung der Ortsvereinigungen der deutschen Goethegesellschaften statt. Anbei der Bericht über die Tagung aus dem Goethe-Jahrbuch 125, 2008, S. 371f.:

„Für die Vertreter der Ortsvorstände der deutschen Goethe-Gesellschaften stand die 2008 in Wetzlar durchgeführte traditionelle Jahrestagung in vielerlei Hinsicht ganz im Zeichen nicht nur eines Genius Loci: So wurde die Aufmerksamkeit der Teilnehmer durch die einladende Wetzlarer Goethe-Gesellschaft schon im informierenden Blatt darauf gelenkt, dass Wetzlar nunmehr nicht nur Goethe-, sondern auch Optik-Stadt sei. Später war dann, eher intern, auch von der Lotte- und Werther-Stadt die Rede. Die Exemplar des WerthersErwartungen der Kundigen waren hoch, und sie wurden mehr als nur befriedigt – der Dank aller Beteiligten für eine vorzügliche Jahrestagung sei gerichtet an die Wetzlarer Goethe-Gesellschaft unter der Leitung von Dr. Manfred Wenzel.

In besonderer Erinnerung werden die die Veranstaltung einleitenden Worte des Ehrenpräsidenten der Goethe-Gesellschaft in Weimar bleiben: Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Keller appellierte eindringlich an die Anwesenden, nicht nachzulassen im Wirken in die Welt und über die Generationen. Geistig beschlossen wurde der zur Anreise gewählte doppelte Feiertag mit einem gleichermaßen bildenden wie unterhaltenden Vortrag des Leiters der Städtischen Sammlungen Wetzlar. Hartmut Schmidt sprach, auf Erich Kästner anspielend und Goethe meinend, über „Die doppelte Lotte“.

WernerkellerDer Morgen des ersten Arbeitstages hielt eine frappante Überraschung bereit: Frau Charlotte Buff war erschienen, freilich nicht die historische, aber immerhin eine Vertreterin der originalen Familie, die gemeinsam mit den Kestners das Vergangene im Gegenwärtigen bewahrt und lebendig hält. Ernüchternder, aber gleichsam amüsant fielen die Forschungsresultate von Georg Schmidt-von Rhein, des Vorsitzenden der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, aus – das juristische Wirken Goethes am Reichskammergericht war ein nur mehr bedingtes. Es folgte der alljährliche Bericht über die Tätigkeit des Freien Deutschen Hochstifts und des Frankfurter Goethemuseums, der in diesem Jahr jedoch auf besondere Weise beschlossen wurde, denn Frau Prof. Dr. Anne Bohnenkamp lud die Vorstände der deutschen Goethe-Gesellschaften zur Jahrestagung 2009 nach Frankfurt ein. Eine umstrittene Frage an diesem Vormittag war die des zukünftigen Tagungsrhythmus. Nach reiflichem Abwägen bleibt auch künftig alles zunächst beim Alten. Wie der Beginn, so war auch der Abschluss der ersten Sitzung ein seitens der Veranstalter geplant überraschender: Es erschien Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Manfred Eigen, Nobelpreisträger für Chemie (1967) und seit 2007 Träger der Goldenen Goethe-Medaille der Goethe-Gesellschaft. Seine Einblicke in eine besondere Annäherung an Goethe ließen ein spannungsreiches Bild entstehen, das Wahlverwandtschaft und kritische Distanz (Farbenlehre) akzentuiert vor Augen führte.

Charlotte Buff um 1780Die zweite Arbeitssitzung am darauffolgenden Tag begann mit dem Bericht des Präsidenten der Muttergesellschaft. Besondere Aufmerksamkeit widmete Dr. habil. Jochen Golz den beiden internationalen Jugendprojekten, dem Goethe-Sommerkurs für Studierende und der Goethe-Sommerschule für Schüler. Es folgten die Ausführungen zur Tätigkeit des Goethe-Museums Düsseldorf, vorgetragen von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Volkmar Hansen und Dr. Heike Spies. Unter nicht selten großen Anstrengungen gelingt es einzelnen Ortsvereinigungen immer wieder, eigene Publikationen hervorzubringen, so im Laufe des Berichtszeitraums den Berlinern mit einer Geschichte ihrer Gesellschaft, geschrieben von Hans-Wolfgang Kendzia und Lothar Fröhlich, und der Goethe-Gesellschaft Kassel mit der ergänzten Zweitauflage ihrer anregenden Publikation Von Goethes Dialogen und Farben zu Schillers Spiel. Die jeweiligen Präsentationen erfolgten durch Lothar Fröhlich und Prof. Dr. Ludolf von Mackensen. Letzterer regte darüber hinaus an, den Teilnehmerkreis der jährlichen Tagungen um die Vorsitzenden der Goethe-Gesellschaften der Schweiz und Österreichs zu erweitern, was von der überwiegenden Mehrheit der Sitzungsteilnehmer befürwortet wurde.

Goethe selbstErlebnisreich und nachhaltig beeindruckend gestaltete sich das kulturelle Programm der Wetzlarer Jahrestagung. Am Nachmittag des 2. Mai wandelten die Teilnehmer auf den Spuren der Entstehungsgeschichte des Werther. Geführte Besichtigungen des Lotte- und des Jerusalemhauses brachten ein Stück Realität hinter dem Werk, das seinem Schöpfer zu Weltruhm verholfen hatte, vor die Sinne. Wer diese Stätten schon kannte, konnte sich unterdessen nach Gießen und zur Badenburg auf die Fährten Justus von Liebigs und Georg Büchners begeben. Die in Wetzlar Gebliebenen erwartete nach Lotte und Jerusalem ein Kaffeegenuss der exquisitesten Art im Ambiente des Art déco. Der Aufstieg, der dem vorausging, führte zum Haus Friedwart, wo Frau Cornelia Kühn-Leitz ihrer Gäste harrte. Der Abend brachte die Vorpremiere der von der Goethe-Gesellschaft Wetzlar und den Städtischen Sammlungen initiierten Antwort auf die Optik-Initiative der Stadt, das Theaterstück FarbenWesen, gespielt von Laiendarstellern des heimischen StattTheaters im Stadthaus am Dom. Dargeboten wurde die theatralische Variante der goetheschen Farbenlehre; in entfernt an Thomas Mann erinnernder Weise figurierte in solcher Sache das Personal des klassischen Weimar. Am Sonnabendvormittag waren der Autor und Regisseur, Oliver Meyer-Ellendt, sowie der Goethe-Darsteller Berthold Felkl willkommene Diskussionsgäste der Arbeitstagung. Das Projekt könnte, das Farbenlehre-Jubiläumsjahr im Blick, auf die Reise gehen …

FarbenkreisDer Sonnabendnachmittag zerstreute das Teilnehmerfeld zum Zweck kulturgeschichtlicher Exkursionen. Ziele waren das imposante ehemalige Prämonstratenserinnenkloster Altenberg und die Phantastische Bibliothek Wetzlar, Garbenheim, den Werther-Lesern als Wahlheim bekannt, und das vielgewählte Marburg, wo man unter anderem (in memoriam) Heinrich Jung-Stilling, Bettina und Clemens Brentano, Karoline von Günderrode, Sophie Mereau, Achim von Arnim, Leonhard und Friedrich Creuzer, Jacob und Wilhelm Grimm, Karl Wilhelm Justi und Friedrich Carl von Savigny begegnen konnte. Der Abend vereinte dann wieder alle im Hotel Mercure zu einem feierlichen Abschluss.

Ein eindrucksvoller Sonntag wartete auf die, die nicht zu schnell zu den Pflichten des Alltags zurückgerufen wurden und an einer Exkursion teilnehmen konnten: Goethes Lahnreise oder das Goethehaus Volpertshausen.“

Jürgen Klose


gg93_badenburg  gg090_badenburg   gg_eigen3

Besuch der Badenburg bei Gießen (Georg Büchner) / Ehrengast Nobelpreisträger Professor Eigen im Gespräch mit Dr. Wenzel

gg_liebiglaborl1   gg_liebigzauber  gg_liebig-qualm


 gg_iebiglabor gg_liebig_delkassel Wetzlar_Gießen 071 

Experimentalvorlesung in Justus Liebigs Laboratorium in Gießen und anschließende Stärkung im Hotel Köhler

gg086_koehler


gg_marburg_jungstilling gg_marburg_metzbecker   Wetzlar_Marburg 021

Exkursion nach Marburg und Besuch des „Haus der Romantik“

GG_Marburg_Stadtführung

Im Lottehof