Uwe Petry: Über Goethe und das Goethe-Institut

Liebe Frau Kunkel, meine sehr verehrten Damen und Herren,

 ein großer Frankfurter Dichter und Begründer der Neuen Frankfurter Schule, Robert Gernhardt, schlüpfte in den 1970er Jahren in die Rolle des Apostels Paulus. Heraus kam eine Reihe von prägnant zugespitzten Kurzgedichten im Stil der Sponti-Sprüche der 68er Bewegung. Zu einem dieser Sprüche will ich mich in meiner Verlegenheit hier und jetzt flüchten. Er lautet: „Paulus schrieb den Irokesen: Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.“ Ob Robert Gernhardt den Irokesen tatsächlich Bildungsferne andichten wollte, möchte ich bezweifeln. Wichtiger scheint mir für die Auslegung des Gedichts, dass es selbst für den Apostel Momente gab, in denen er nichts zu schreiben, respektive zu sagen wusste. Und so geht es mir heute. Ich muss es leider rundheraus zugeben: Vom Goethe-Institut kommt für die heutige Veranstaltung kein Grußwort. Lassen Sie mich bitte mit ein paar Sätzen um Verständnis für diese Verweigerung werben.

 Es ist nur wenig bekannt, dass das Goethe-Institut zu seinem Namen kam wie die berühmte Jungfrau zum Kind. Im Vorfeld des Goethe-Jubiläumsjahres 1932 plante die in München ansässige Deutsche Akademie, eine von Geistesgrößen wie Thomas Mann gegründete Einrichtung zur Förderung deutscher Nationalkultur, ein Institut zur Ausbildung ausländischer Deutschlehrer ins Leben zu rufen. Die Finanzen waren jedoch knapp. Deshalb wandte man sich an die Goethe-Gesellschaft, die dabei war, Spenden für das besagte Goethe-Jubiläum einzusammeln. Man sicherte zu, dass gegen Beteiligung an dem Spendenaufkommen das neue Institut den Namen Goethe-Institut tragen werde. Dies sei dann für beide Seiten, wie man heute sagen würde, eine „win-win-Situation“. Ob damals Spenden nach München flossen, lässt sich der Aktenlage nicht mit Sicherheit entnehmen. Der Taufname der Einrichtung war damit jedoch gefunden und wurde im Jahr 1951, bei der politischen Neugründung des Goethe-Instituts, einfach beibehalten.

 Das heutige Goethe-Institut stellt man sich am besten am Beispiel des berühmten Tischbein-Porträts „Goethe in der römischen Campagna“ vor. Der große Hut repräsentiert Goethe als Schirmherrn der Institution. Er findet seine Entsprechung im sorgfältig gepflegten Markenauftritt des Goethe-Instituts mit Logo, österlich-grüner Signalfarbe und allem, was sonst noch zur Darstellung der „corporate identity“ dazugehört.

 Unter diesem großen Hut wirft sich allerdings nicht der Namenspatron in Pose. Diese Position wird vielmehr vom Generalsekretär des Goethe-Instituts eingenommen. Anstelle des Dichters findet man also einen Kulturmanager. Was ihn mit Goethes Erbe verbindet, wird er sicherlich im privaten Gespräch gerne offenlegen. In offizieller Funktion reduziert sich seine Goethe-Affinität aber zwangsläufig auf folgende, mantra-artig vorzutragenden Verse: „Zum Gelde drängt, am Gelde hängt doch alles. Ach, wir Armen!“. Dabei hofft er, dass die mit diesem Anklang an Goethes Faust angesprochenen politisch Verantwortlichen reflexartig das Reimwort „Erbarmen“ assoziieren und entsprechend handeln.

 Vielleicht konnte ich Ihnen damit nahebringen, dass zwischen der Sphäre eines auf allen fünf Kontinenten Verantwortung tragenden Kulturmanagements und dem ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagement, für das die Wetzlarer Goethe-Gesellschaft seit 50 Jahren in herausragender Weise einsteht, Welten liegen. Trotzdem bleiben die Kultur und die Pflege des kulturellen Erbes gemeinsame Bezugspunkte, an denen zu arbeiten sich unbedingt lohnt, egal aus welcher Perspektive.

 Ich wünsche dem Vorstand, den Mitgliedern und dem Publikum der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft, dass Sie auch weiterhin die Fackel der Kultur und Literatur in dieser Stadt hochhalten. Es braucht daraus nicht gleich ein weltweites Lauffeuer zu entstehen, wie es der Werther-Roman erzeugt hat.

 Dr. Uwe Petry

Gesprächskonzert: Goethes „Werther“ und die Musik

Stadtmuseum, Lottestraße 8-10, 35578 Wetzlar

 

Gesprächskonzert

Sylvia Ackermann (Klavier), Anna Feith (Gesang), Dr. Ulrike Kienzle (Lesung, Moderation)

Goethes „Werther“ und die Musik

 (c) Wetzlar Tourismus

Musik spielt in Goethes „Werther“ eine bedeutende Rolle: Die Gesänge des altgriechischen Dichters Homer sind Werthers „Wiegengesang“, seine Liebe zu Charlotte erwacht während eines Tanzvergnügens, und Lotte setzt sich ans Klavier, um ihre Gefühle auszudrücken. Aber welche Musik spielte man 1774? „Vorklassik“, „Empfindsamkeit“, „Sturm und Drang“?

Dr. Ulrike Kienzle und die beiden Musikerinnen gehen diesem Thema nach mit Lesungen und Zitaten aus dem Roman, mit Erklärungen und Musikbeispielen.

Das Gesprächskonzert ist eine Kooperation mit der Wetzlarer Kulturgemeinschaft e.V. und den Städtischen Museen. Der Eintritt ist frei.

 

Ausstellung in Garbenheim „Werther und Wahlheim“

Heimatmuseum Garbenheim, Untergasse 3, 35583 Wetzlar

„Werther und Wahlheim“

Werther-Ausstellung zu Garbenheim und der Natur

 (c) Wanderbroschüre „Goetheweg“

Jeder 1. Sonntag im Monat von 15-17 Uhr vom 1. September 2024 bis Ende August 2025

Ort: Heimatmuseum Garbenheim, Untergasse 3, 35583 Wetzlar

https://museen-in-hessen.de/de/museen/heimatmuseum_garbenheim

 

 

Zu Goethes Geburtstag „Werthers Welt in Lottes Garten“

Deutschordenshof, Lottestraße 8-10, 35578 Wetzlar

Theateraufführung mit dem StattTheater Wetzlar im Deutschordenshof, Lottestraße 8-10

„Werthers Welt in Lottes Garten“

Stationen-Theater mit Figuren rund um den „Werther“

Das Konzept hat sich vor ein paar Jahren bewährt: An einem Sommerabend feiern wir Goethes Geburtstag – in diesem Jahr den 275. – zusammen mit zehn Aktiven des StattTheaters Wetzlar und einer Querflötistin im Hof des Deutschen Ordens. Fünf Männer aus der Zeit von Goethes Aufenthalt in Wetzlar 1772 schildern ungehalten, wie sie von Goethe in eine literarische Figur seines Briefromans verwandelt wurden und nun als Zerrbild weiterleben.

Nach der einstündigen Aufführung (die bei schlechtem Wetter in die Gebäude der Städtischen Sammlungen im Deutschordenshof verlegt wird) stoßen wir bei Wein und Saft auf den Geburtstag Goethes an. Weitere Aufführungen (ohne anschließenden Umtrunk) finden statt am 31. August und 1. September um 18.00 Uhr. Bei dieser Veranstaltung kooperieren wir mit dem Kulturamt der Stadt Wetzlar und den Städtischen Sammlungen.

Kosten für Mitglieder 5 Euro / Nichtmitglieder 10 Euro.

Anmeldungen bitte bei Angelika Kunkel, Tel. 06441 42114 oder per E-Mail: vorstand@wetzlarer-goethe-gesellschaft.

Grußwort unserer Vorsitzenden zum 2. Halbjahr 2024

Mit Eifer hab‘ ich mich der Studien beflissen; / Zwar weiß ich viel, doch möcht‘ ich alles wissen

(J. W. v. Goethe, Faust, Der Tragödie erster Teil)

*

Liebe Goethe-Freundinnen, liebe Goethe-Freunde,

das „Werther“-Thema begleitet uns weiterhin durch unser Jubiläumsjahr: in Form einer Theateraufführung im Lottehof, als Gesprächskonzert zur Musik im „Werther“ und in Form eines besonderen Vortrags des Präsidenten der Weimarer Goethe-Gesellschaft zum „‘Werther‘ als Brandbeschleuniger“. Außerdem möchten wir Ihnen die Ausführungen unseres Mitglieds Dr. Uwe Petry über die Geschichte des Goethe-Institutes, die bei unserer Jubiläumsfeier Anfang 2024 nicht zu Gehör kamen, nun als Lesegenuss empfehlen.

Wie immer freuen wir uns, Sie bei unseren Veranstaltungen zu begrüßen!

Im Namen des Vorstands und des Beirats

Angelika Kunkel, Erste Vorsitzende

Berichte und Reden zum 50. Geburtstag unserer Goethegesellschaft

„… ich habe eine Bekanntschaft gemacht, die mein Herz näher angeht.“ – Die Wetzlarer Goethegesellschaft feiert den Werther — und sich selbst

(Bericht von Ulrike Enke)

In festlichem Rahmen, mit Musik und hochkarätigen Reden zum Geburtstag, beging die Wetzlarer Goethegesellschaft am Sonntag, den 21. Januar, in der Alten Aula der ehemaligen Lotteschule ihren 50. Geburtstag. Anlässe zum Feiern gab es genug: Vor 275 Jahren, 1749, wurde Goethe geboren; sein Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“, der Thema und Sentiment bekanntlich Goethes Aufenthalt in Wetzlar verdankt, kann auf stolze 250 Jahre zurückblicken. 1974 schließlich wurde die Wetzlarer Goethegesellschaft ins Leben gerufen.

In ihrer gleichermaßen launigen wie informativen Ansprache erinnerte die Vorsitzende Angelika Kunkel an die Gründungsgeschichte der Gesellschaft und ließ mithilfe beeindruckender Zahlen die Exkursionen und Tagesausflüge, die Vorträge und Gesprächskreise, welche den Mitgliedern im Laufe des halben Jahrhunderts angeboten wurden, Revue passieren. Dass ein derart reichhaltiges Programm nur mithilfe eines engagierten Vorstands und dessen „besseren Hälften“ zu bewältigen war und ist, blieb nicht unerwähnt. Den Festvortrag „Aus der Erfolgsgeschichte eines Kultbuchs“ hielt gleichermaßen kurzweilig wie tiefgründig die Leiterin des Freien Deutschen Hochstifts und des Frankfurter Romantikmuseums, Frau Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken. In ihrem „Werther“-Vortrag erinnerte sie nicht nur an die Werther-Rezeption, wobei sie auch einen Blick nach China und die dortige Goethe-Verehrung warf, sondern beleuchtete auch die Bedeutung des Herzens, eines Schlüsselbegriffs des Romans und seiner Zeit.

Die Grußworte der Stadt Wetzlar und der „Muttergesellschaft“ in Weimar zeugten von der großen Wertschätzung unserer Gesellschaft. In einem freundschaftlichen Appell rief der Präsident der Goethe-Gesellschaft Weimar, Professor Stefan Matuschek, zudem dazu auf, gerade die den „Werther“ lesenden Deutschkurse stärker in das literarische Leben unserer Goethegesellschaften einzubinden.

Umrahmt wurden die Beiträge von der musikalischen Darbietung einer Rarität: Joachim Eichhorn am Spinett und die Sopranistin Nicole Tamburro präsentierten das von Beiratsmitglied Dieter Lehnhardt wiederentdeckte Lied „Einladung zum Spatziergang des Morgens“ des Kapellmeisters Ernst Christoph Dressler (1734-1779). Der Liedtext nahm die Zuhörenden mit zum Wetzlarer Brühlsbach, auf den Stoppelberg und schließlich an die Lahn. Dieter Lehnhardt gab zudem Einblicke in das bewegte Leben des Musikers und Lieddichters Dressler, der einige Jahre in Wetzlar verbrachte.

Auch kulinarisch blieb man dem 18. Jahrhundert treu: Zu den sich anschließenden Gesprächen wurden neben Sekt und Wein „Goethe-Pastetgen“ und Mandeltarte gereicht.

(22.01.2024)

 

Grußwort und Ansprache von Angelika Kunkel, Vorsitzende der Wetzlarer Goethegesellschaft

 

Liebe Goethe-Freundinnen, liebe Goethe-Freunde, […]

Wieviel Goethe braucht der Mensch?

Goethe – wozu und für wen?

Ist Goethe noch up-to-date?

Goethe und kein Ende?

Warum Goethe heute?

Mit diesen Fragen hat sich die Wetzlarer Goethegesellschaft in den fünf Jahrzehnten ihres Bestehens auseinandergesetzt.

In 309 Vorträgen näherten sich die interessierten Zuhörer nicht nur dem Phänomen des großen Dichters Goethe an, sondern ließen sich auch von der Gedankenwelt der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts bis hin zur Moderne faszinieren.

Alles begann 1974 mit einem Inserat in der WNZ, welches sich an die Bevölkerung Wetzlar wandte.

In der Folgezeit wurden in bis heute 82 Broschüren das jeweilige Halbjahresprogramm angekündigt und verschickt. Die für den Versand erforderlichen Handarbeiten wurden regelmäßig von den dafür auserkorenen Vorstandsmitgliedern und ihren besseren Hälften erledigt.

Viele Einzelschritte waren nötig, um interessante Programme zu gestalten. Verantwortlich hierfür waren: die fünf Vorsitzenden: Herr Dr. Schierenberg, Herr Hedrich, Herr Dr. Wenzel, Herr Scholz und ich und ihre acht Stellvertreter: Herr Werner, Herr Petry, Herr Christ, Herr Kaetzler, Herr LeBlanc, Frau Lehnhardt-Raabe und Herr Meyer-Ellendt.

Sie versuchten in unzähligen Telefonaten und Briefen, Referenten nach Wetzlar einzuladen. Der Erfolg der Programme wurde auch durch das freundschaftliche Miteinander des Vorstandes mit dem diese Vorbereitungen begleitenden Beirat möglich.

Dem Wunsch unserer Mitglieder auch in kleinen überschaubaren Runden über Literatur ins Gespräch zu kommen, wurde an 158 Abenden nachgekommen. Diese Gesprächsabende wurden kenntnisreich moderiert und geführt von besonders klugen Köpfen aus unserer Mitgliedschaft.

Nur durch Reisen können neue Entdeckungen und Ansichten lebendig und rasch verbreitet werden – so Goethe 1822 an Kanzler Müller. Seit den Gründungsjahren ist die Wetzlarer Goethegesellschaft auf Reisen gegangen: entweder auf Spuren Goethes oder zu bekannten literarischen Gedenkstätten.

106 Exkursionen waren es bis heute: geplant und akribisch vorbereitet nicht nur vom Vorstand, sondern von besonders engagierten Mitgliedern. Die Schweiz, Böhmen, die schwäbische Dichterstraße, die Mark Brandenburg, das Elsass und Thüringen waren Ziele mehrtägiger Ausflüge, wobei die Reisen auf Goethes Spuren nach Italien bis hinunter nach Sizilien besondere Erlebnishöhepunkte waren. Die anschließenden Lichtbildervorträge vertieften das Erlebte. Mit voll besetzten Bussen besuchten die Reisenden Weimar und andere ostdeutsche Orte mit Goethebezug, dreimal sogar zu DDR-Zeiten.

49mal feierten wir am 28. August – ungeachtet des Wochentages, auf den er fiel – den Goethe-Geburtstag mit literarisch-musikalischen Darbietungen im Lottehof, in den Museen, in der Musikschule, und in den von Goethe besuchten Orten.

Zu den Programmpunkten gehörten auch literarische Spaziergänge, Theateraufführungen an historischen Stätten, Rezitationsabende und Lesungen mit anschließenden geselligen Gesprächen.

Viele Veranstaltungen konnten wir in Kooperation realisieren. Der gute Draht zum Kulturamt und den städtischen Museen haben vieles erleichtert. Bei dem Bestreben, ein interessantes und unterhaltsames Programm zu bieten, halfen uns: der Kultur Förder-Ring, das Statt-Theater, der Wetzlarer Geschichtsverein, der Kunstverein, die Heimatvereine Garbenheim und Volpertshausen, die Phantastische Bibliothek, die Stadtbibliothek, die Wetzlarer Partnergesellschaften, die deutsch-italienische, die deutsch-französische und die deutsch-englische Gesellschaft und auch die Goetheschule. Diesen allen sage ich auch in Ihrem Namen, liebe Mitglieder, herzlichen Dank für ihr Mitgestalten!

Die Goethegesellschaft Wetzlar zählt zurzeit 168 Mitglieder, wobei wir aber gerne noch wachsen wollen. Unsere Veranstaltungen standen und stehen jedem interessierten Bürger offen. So konnten wir immer wieder durch die vielfältigen und hochkarätigen Angebote neue Mitglieder gewinnen. Und vielleicht können Sie, wenn sich die Gelegenheit ergibt, von unseren Veranstaltungen erzählen und so das Interesse bei anderen für unsere Gesellschaft wecken.

Von einem wichtigen und damals wegweisenden Projekt muss ich noch berichten: unsere Partnerschaft mit der Goethegesellschaft Tambov in Russland. Die Verbindung kam über Pfarrer Küppers zustande, der Anfang der 90er Jahre regelmäßig Hilfslieferungen der evangelischen Kirchengemeinde nach Tambov organisierte. So kam es zu zwei Besuchen des damaligen Vorsitzenden, Herrn Hedrich in Tambov, auf dessen Anregung 1994 die damals erst zweite Goethegesellschaft in Russland von der Professorin Lili Kaufmann von der Fakultät für die deutsche Sprache an der Dershavin Universität Tambov ins Leben gerufen wurde. Einige von Ihnen werden sich sicherlich noch an ihre Vorträge hier in Wetzlar erinnern. Der wesentlich Inhalt der Partnerschaft, die ohne finanzielle Zuwendungen der Goethegesellschaft Wetzlar gelebt hat und bis zu Beginn der Corona-Epidemie funktionierte, bestand darin, Studenten der Universität Tambov die Möglichkeit zu geben, Leben und Werk des „Weltbürgers Goethe“ in offener Begegnung kennen zu lernen. Einige unserer Mitglieder haben mit Spenden und Beherbergung uneigennützig dazu beigetragen. Mit Hilfe des CVJM Kreisverbandes Wetzlar kam es zu Begegnungen junger Menschen im jährlichen Wechsel hier und in Tambov. Und eine kleine Delegation der Goethegesellschaft Wetzlar reiste jedes Jahr, insgesamt 22 Mal auf eigene Kosten nach Tambov, um eine Woche lang Vorträge vor deutsch-sprachigen Studenten zu halten. Zu diesen Delegationen gehörten mehrfach Cornelia Kühn-Leitz und eine Literaturwissenschaftlerin aus Marburg. Die Goethegesellschaft Tambov existiert noch, der Kontakt gestaltet sich, wie Sie sich denken können, schwierig. Die freundschaftlichen Beziehungen bestehen weiterhin. Diese einzigartige Partnerschaft wird von der Muttergesellschaft in Weimar hoch angesehen und unterstützt.

Mit den genannten Zahlen habe ich versucht, die fünfzig Jahre der Goethegesellschaft Wetzlar zu umreißen.

Dazu passt eine Bemerkung Goethes an seinen Diener Riemer:

„Die Zahlen sind, wie unsere armen Worte, nur Versuche, die Erscheinungen zu erfassen und auszudrücken, ewig unzureichende Annäherungen.“

Angelika Kunkel

 

Grußwort von Prof. Stefan Matuschek, Präsident der Goethe-Gesellschaft Weimar

 

Liebe Goethe-Gesellschaft in Wetzlar,

wenn Sie heute Ihr 50jähriges Bestehen feiern, dann sieht man gleich, wie literaturgeschichtlich einschlägig Sie Ihr Gründungsjahr gewählt haben. Es war das 200. Werther-Jubiläum. Jetzt sind wir ein halbes Jahrhundert weiter, und ich liege wohl nicht falsch mit der Annahme, dass Sie, wenn Sie sich in diesem Jahr feiern, auch des Romans gedenken werden, der inspirationsgeschichtlich mit Ihrer Stadt verbunden ist. Das erste deutschsprachige literarische Werk, das über die Sprachgrenzen hinaus Erfolg hatte, wurde durch eine Personenkonstellation in Ihrer Stadt angeregt. Die internationale Wahrnehmung der deutschsprachigen Literatur beginnt mit einer Wetzlarer Geschichte. Ihr Stadtmuseum, habe ich gelesen, plant eine Ausstellung dazu, und die Goethe-Gesellschaft am Ort beweist, dass diese literarische Erinnerung nicht nur in den öffentlichen Bildungsinstitutionen am Leben erhalten wird, sondern im privaten, persönlichen Engagement von Literaturliebhaberinnen und -liebhabern tatsächlich lebt. Deshalb haben Sie einen guten Grund, sich mit dem Roman auch selbst zu feiern. Denn auch der Roman lebt nur in der Weise fort, wie er gelesen und besprochen wird. Die Goethe-Gesellschaft ist der wichtigste Ort, an dem dies außerhalb der staatlichen Bildungseinrichtungen geschieht.

Es wird in diesem Jahr viel ‚gewerthert‘ werden; nicht nur in Wetzlar, Frankfurt und Weimar. Es wäre das Beste, wenn diese Unternehmungen der Goethe-Gedenkstätten und Goethe-Gesellschaften mit denen zusammenkämen, die schon sehr lange und kontinuierlich ‚werthern‘: mit den Schulen. Wir werden das in Weimar versuchen, indem wir im Jahresprogramm der Goethe-Gesellschaft Vorträge speziell für Deutschkurse anbieten. Ich bin gespannt, ob wir damit Erfolg haben. Wenn ja, wird das zu einer geradezu schockartigen Verjüngung unseres Publikums führen. Vielleicht machen Sie das in Wetzlar schon längst so, dann bin ich auf Ihre Erfahrungen neugierig. Wenn nicht, kann ich es Ihnen empfehlen. Das Werther-Jahr bietet ja einen guten Anlass dazu. Wenn man seinen Fünfzigsten feiert, lädt man ja gern mehr ein als sonst. Ich wünsche Ihnen zu Ihrem Jubiläum ein volles Haus mit vielen seltenen, neuen Gästen – und natürlich auch mit denen, deren kontinuierlicher Einsatz das alles möglich macht. Ihnen gilt meine besondere Gratulation!

Herzlich

Ihr Stefan Matuschek

 

 

Ankündigungen zum Werther-Jahr 2024

ab Juli 2024:

„Faust“ – Goethes Traum wird Wirklichkeit

Wetzlarer Festspiele auf Kloster Altenberg

 

  1. August 2024:

Stationen-Theater rund um den „Werther“ – Deutschordenshof

Wetzlarer Goethe-Gesellschaft / StattTheater Wetzlar

 

ab September 2024:

„Die internationale Werther-Rezeption“ – Stadt- und Industriemuseum

Städtische Sammlungen Wetzlar

Bernd Kemter: Das „Werther“-Motiv im Spiegel einiger in- und ausländischer Dichter

Phantastische Bibliothek, Turmstraße 20

Vortrag von Bernd Kemter (Gera): Das „Werther“-Motiv im Spiegel einiger in- und ausländischer Dichter

Goethes „Werther“ inspirierte gleich mehrere Dichter, sich mit dem Schicksal des jungen unglücklich Verliebten in eigenen Werken auseinanderzusetzen. Der Vortrag weist diesen Umstand an Beispielen von Hölderlin, Lenz, Stendhal, Mickiewicz und Lord Byron nach. Dabei zeigt sich, dass die Bewältigung dieses anspruchsvollen Themas durchaus unterschiedliche, ja motivisch abweichende Versionen zeitigte.

Während Friedrich Hölderlin in seinem lyrischen Briefroman „Hyperion“ im Figuren-Paar Hyperion und Diotima über liebes-schwärmerische Bezüge, noch dazu überlagert von Naturbegeisterung, nicht hinauskam, gelang es dem polnischen Dichter Adam Mickiewicz in seinem romantischen Drama „Dziady“ (Totenfeier; eigentlich Urahnen) in der Person des Gustaw dieses für das „Jahrhundert der Empfindsamkeit“ typische Sujet meisterhaft zu bedienen; ja fast wäre der Autor selbst in die Rolle eines Werthers gefallen.

Auf ebenso überzeugende Weise glückte es Lord Byron in seinem dramatischen Gedicht „Manfred“ (man denke auch an die berührende Schumann-Ouvertüre) den Werther-Typus eindringlich vorzuführen und Spuren des Werther-Motivs finden sich in Rainer Maria Rilkes „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“. – Stendhals „Rot und Schwarz“ bietet eine eigene, ja eigentümliche Werther-Variante. Es zeigt sich nämlich, dass tragische Verstrickungen wegen unerfüllter Liebe nicht nur unglücklichen Jünglingen eigen sind. Es gibt ebenso weibliche Pendants.

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Bernd Kemter, Journalist und langjähriger Redakteur bei einer Thüringer Tageszeitung, ist Vorsitzender der Goethe-Gesellschaften Erfurt und Gera.

Busfahrt nach Darmstadt mit Mathildenhöhe

Darmstadt

Eintägige Busfahrt nach Darmstadt

Darmstadt war spätestens seit dem 18. Jahrhundert ein geistiges Zentrum in Hessen. Karoline von Hessen-Darmstadt, von Goethe als „große Landgräfin“ tituliert, pflegte Kontakte zu den geistigen Größen ihrer Zeit. Um die Jahrhundertwende entstand auf der Mathildenhöhe eine Künstlerkolonie mit Ausstellungsgebäude und dem 48 Meter hohen Hochzeitsturm, auch „Fünffingerturm“ genannt. Darmstadt ist heute Sitz der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Unser vorläufiges Reiseprogramm beinhaltet eine zweistündige Stadtrundfahrt zu den Sehenswürdigkeiten Darmstadts wie dem Luisenplatz, dem Schloss, dem Marktplatz und dem Jugendstilbad. Eine Führung über die Mathildenhöhe oder im Museum Künstlerkolonie schließt sich an. Evtl. besuchen wir noch den Herrgottsberg und den Goethefelsenden Treffpunkt der vor-romantischen „Darmstädter Empfindsamen“sowie das vom Darmstädter Bildhauer Ludwig Habich geschaffene Goethedenkmal von 1903 im Herrngarten, dem ältesten Park der Stadt.

Kosten für Fahrt + Stadtrundfahrt: 38,– Euro (für Nicht-Mitglieder 45,– Euro). Rückkehr ca. 18.30 Uhr. Verbindliche Anmeldungen sind ab sofort in der Schnitzler’schen Buchhandlung (Tel. 06441 45101) möglich. Mindestteilnehmerzahl 30 Personen. Der Fahrpreis ist bei der Anmeldung in bar zu entrichten oder zeitgleich auf unser Reisekonto zu überweisen: IBAN: DE41 5155 0035 0010 0014 51 (bei der Sparkasse Wetzlar mit der BIC: HELADEF1WET). Fahrtleitung: Elisabeth Kleymann und Angelika Kunkel.

Abfahrt in Wetzlar:

9.00 Uhr Abfahrt Leitz-Platz, Wetzlar (Fahrtrichtung Krankenhaus)

9.10 Uhr Abfahrt Goldfischteich, Wetzlar