Partnerschaft Tambov

2010: Mit Goethe in Tambov

Wie fast immer um diese Zeit machte sich im April eine kleine Delegation der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft unter der Leitung von Frau Angelika Kunkel auf den Weg zur Partnergesellschaft in Tambov. Im Rahmen dieser seit über 15 Jahren bestehenden  Partnerschaft stehen neben den Treffen mit Mitgliedern der Goethe-Gesellschaft Tambov Vorlesungen am Lehrstuhl für Deutsche Philologie der Dershawin-Universität in Tambov auf dem Besuchsprogramm. Der Studiengang dauert dort fünf Jahre, man beginnt das Studium im Alter von 17 Jahren. In diesen Vorlesungen haben die überwiegend  weiblichen Studenten die Gelegenheit, die deutsche Sprache unmittelbar von Muttersprachlern zu hören und mit ihnen die eigenen Deutschkenntnisse zu erproben, was bei der bekannten russischen Zurückhaltung nicht selten einige Überredungskünste der deutschen Besucher erforderte.Partnerschaft Tambov 2010

Die Delegationsmitglieder konnten mit ihren persönlichen Erfahrungen und ihrem Wissen doch viel Neues zu den Themen der  Vorlesungen beitragen, welches so nicht aus den Lehrbüchern zu erfahren gewesen wäre. Die behandelten Themen umfassten z. B. das deutsche Bildungswesen, Freizeitverhalten der Jugend, der Mauerbau, die deutsche Wiedervereinigung, der Buchmarkt, aber auch das Image Deutschlands in Russland sowie die Stellung Deutschlands in der Welt. Für die wissenschaftlichen Beiträge sorgte Frau Dr. Unsicker aus Marburg, die über österreichische Literatur einen Vortrag hielt und mit den Studenten textkritisch Werke von Joseph Roth und Gottfried Keller bearbeitete. Wie in jedem Jahr unterhielten die Studenten mit einem längeren, sehr unterhaltsamen Programm mit Gesang, Tanz und Poesie nicht nur die deutschen Gäste. Die Delegationsmitglieder waren auch Jury-Mitglieder bei einem Gesangswettbewerb, zu dem etwa 20 Gruppen aus den Schulen in Tambov und Umgebung mit deutschem Sprachunterricht deutsche Volkslieder und Schlager vortrugen.

Frau Kunkel wohnte bei der auch in der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft sehr bekannten und mittlerweise 92 Jahre alten und immer noch wissenschaftlich tätigen Ehrenvorsitzenden der Tambover Goethe-Gesellschaft, Frau Prof. Dr. Kaufman. Das Wetter war den deutschen Besuchern gnädig, nur an einem Tag verwandelte Regen manche Wege in der Stadt zu kleinen Seen, ansonsten störte nur der etwas kühle Wind unter dem blauen, wolkenreichen sonnigen Himmel. Viel zu schnell vergingen die interessanten acht Tage Aufenthalt in Tambov. Die Sorgen der russischen Gastgeber, dass die Vulkanwolke aus Island den Rückflug der Delegationsmitglieder  zum geplanten Termin verhindern würde, erwiesen sich als umsonst: Auf wunderbare Weise fanden sie in der einzigen Maschine, die am Rückflugtag nach Frankfurt aufbrach, Plätze.

2015: Literarische Begegnung in Garbenheim

 von Jörg-Peter Schmidt

Schon seit 20 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen der hiesigen Goethe-Gesellschaft und den Freunden aus der 280 000 Einwohner zählenden russischen Stadt Tambow, die rund 500 Kilometer südlich von Moskau entfernt ist – ein Beispiel für  ein gut funktionierende internationale Freundschaft.  Dies war für die Wetzlarer Gastgeber Anlass, bei sonnigem Wetter auf dem Hof des Garbenheimer Heimatmuseums zu einer Geburtstagsfeier einzuladen, an der auch Deutsch-Studentinnen aus Tambow  teilnahmen

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Literarisches Jubiläums-Geschenk

Sie hatten für die rund 100  Besucher  ein  literarisches Jubiläums-Geschenk parat: Selbstverständlich wussten die Russinnen, dass Goethe Garbenheim gern besucht  hat. So lag es für sie nahe, an diesem historischen Ort, der im „‚Werther“ unter dem Namen „Wahlheim“ verewigt ist, Gedichte des „Faust“-Verfassers  in deutscher Sprache vorzutragen. Sie  rezitierten auswendig und gefühlvoll unter anderem den „Erlkönig“ oder das „Wanderlied“.  Wie sie berichteten, ist auch der deutsche Sänger, Komponist und Komiker Otto Reutter (1870 – 1931) in Russland bekannt. Von ihm hatten sie das 1928 entstandene Gedicht „Mit der Uhr in der Hand“ ausgewählt: Reutter beschreibt darin auf tragisch-komische Weise, wie sehr die Menschen  in Hast leben.

In Eile mit der Uhr in der Hand  saß  bei dem deutsch-russischen Treffen allerdings niemand: Vielmehr fühlte  man sich in der gemütlichen Atmosphäre auf dem Gelände des Heimatmuseums, das in einem liebevoll  renovierten Bauernhaus und Nebengebäuden aus dem Jahr 1866 ansässig ist, bei Wein und Schmierselskuchen  wohl und stieß auf Goethes 266. Geburtstag an. Sein Gesicht ist übrigens in einer Holzskulptur festgehalten, die auf dem Hof des Heimatmuseums ihren festen Platz hat (siehe Fotos oben).

In den Gesprächen zwischen den Wetzlarern und den Gästen aus Tambow wurde auch darauf hingewiesen, dass der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) mit der Ausrichtung von Workcamps  zu der internationalen Freundschaft beiträgt.

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Man saß noch lange beisammen  und die 1. Vorsitzende der Goethe-Gesellschaft, Angelika Kunkel, konnte ein positives Fazit der Feier ziehen, zu der zahlreiche Teilnehmer auf dem neuen Goethe-Weg  vom Lottehaus nach „Wahlheim“ gewandert waren. Die Gäste aus Tambow  kündigten an, dass sie auch noch die Rhein-Gegend einschließlich Loreley kennen lernen wollen, bevor  sie per Flugzeug wieder in die Heimat zurückkehren.

Die Fotos des deutsch-russischen Treffens in Wetzlar wurden der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft von dem Fotografen und freien Journalisten Jörg-Peter  Schmidt kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür!

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(Klicken Sie auf die Bilder, um sie zu vergrößern.)

Über den Besuch berichtete Jörg-Peter Schmidt (Freier Journalist) in der WNZ sowie die Internet-Zeitung  „Der neue Landbote“ (www.landbote.info/goethe-und-tambow).